Seit einigen Jahren ziert eine winzige Nachbildung eines van Le- wenhoekschen Mikroskops eine Ecke meines Schreibtisches. An dem kaum acht Zentimeter hohen Gerat ist eine feststehende Linse so angebracht, dass man durch sie auf die Spitze einer Lanzett- del blickt, die durch einen feingangigen Schraubenmechanismus auf- und abbewegt werden kann. Ich kann mir nur vorstellen, wie verblufft der Linsenschleifer aus Delft gewesen sein muss, als er vor fast genau 300 Jahren zum ersten Mal unter seinem gerade erfundenen Mikroskop das wahrscheinlich noch primitiver war als mein Modell seine Animalculi (also kleinen Tierchen ) in einem sorgfaltig auf der Lanzette platzierten Tropfen Wassers aus der Regentonne beobachtete. Als Hobbymathematiker errechnete er mittels einer ausgefeilten Methode von Proportionsmessungen, mit der er die Grosse eines Tierchens mit den Elementen in einem Sandkorn verglich, dass jeder Wassertropfen dieses Volumens 27 000 000 der winzigen Geschopfe enthielt. Heutzutage verwenden Mikrobiologen hochentwickelte zus- mengesetzte Mikroskope und ausgefeilte Farbetechniken, um zi- lich leidenschaftslos Tausende von Bakterien mit einem einzigen Blick zu erfassen und zu bestimmen, wie gross sie sind, welche Form sie haben und wie sie sich zusammenlagern alles zum Zweck einer vorlau? gen Identi? zierung. Wenn man hinter diese streng wiss- schaftliche Tatigkeit blickt, mag der Philosoph oder der Dichter d- uber nachsinnen, was hinter diesen winzigen Kreaturen steckt, die in so vielen Formen vorkommen und sich zu einer solchen Vielfalt von Mustern zusammen? nden."