Nachdem der Sonderforschungsbereich 96 "Sicherheit von Baukonstruktionen" nach 15jahriger erfolgreicher Tatigkeit, im Jahre 1986 aufgeloest wurde, ist es etwas still gewor- den um die Sicherheitstheorie und die wahrscheinlichkeitstheoretischen Implikationen des Konstruktiven Ingenieurbaues. Gross waren die Hoffnungen, als das Anfang der sechziger Jahre von nur wenigen Inge- nieurwissenschaftlern bearbeitete Forschungsthema durch Anregungen aus den USA wie- der popularer wurde. Dort wurde von A.M. Freudenthai immer wieder auf die Bedeutung des Zusammenwirkens von Mechanik und Statistik hingewiesen. Seine Schuler beiderseits des Ozeans hatten die Hoffnung, dass sich auf Grund der Ableitung einer optimalen zulassi- gen Versagenswahrscheinlichkeit Sicherheit ganz rational und sozusagen zwangslaufig ge- wahrleisten lassen musse. Die Vorstellung, durch wissenschaftliche Methoden der Statistik liesse sich Sicherheit von Baukonstruktionen herstellen und nachweisen, passte sehr gut in die Fortschrittseuphorie der 60er und 70er Jahre. Fur eine Fulle von Problemstellungen im Bereich des Konstruktiven Ingenieurbaues wurden theoretische Loesungen erarbeitet. Es zeigte sich aber, dass Statistik ein recht muhseliges Geschaft ist und nur, wenn genugend Daten vorliegen, zu brauchbaren Ergebnissen fuhren kann. Es gelang allerdings, die praktisch tatige Fachwelt durch den Entwurf umfassend theore- tisch begrundeter Bemessungsvorschriften zu verunsichern und heftige Diskussionen zwi- schen Befurwortern und Gegnern der neuen Sicherheitskonzepte auszuloesen. Zwischenzeitlich hat sich die Aufregung gelegt. Das Thema kann wieder nuchtern betrachtet werden und auch dem deutschen Praktiker, der gemass DIN 1045, im Gegensatz zu seinen Kollegen in andern Landern, das Eigengewicht immer mit dem Faktor 1.75 vergroessern musste, ist auch der Vorteil von Teilsicherheitsbeiwerten aus seiner taglichen Erfahrung klar geworden.