Die Frankfurter Poetikvorlesungen, die alteste Reihe dieser Art in Deutschland, sind Gegenstand dieser Arbeit. An ausgewahlten Beispielen der Frankfurter Stiftungsgastdozentur wird die Entwicklung der Poetik von den 50er Jahren bis ins Jahr 2000 skizziert. Waren die Poetikvorlesungen der ersten Staffel (1959-1968) noch von dem Wunsch nach Humanisierung und gesellschaftlicher Veranderung getragen und von der Hoffnung auf die utopische Funktion des Dichterwortes gepragt, so verschieben sich zu Beginn der zweiten Staffel (1979) die poetologischen Gehalte und damit auch die Intentionen der vortragenden Autoren: Aus der Poetikvorlesung entwickelt sich der auf die autobiographischen Erlebnisse des Autors verweisende Schreib- und Werkstattbericht. Die Poetik verliert damit ihre uber historische, moralische oder gesellschaftskritische Intentionen abgesicherte Verbindlichkeit und loest sich in der 'permissiven AEsthetik' (Hugo Loetscher) individueller Lebens-, Schreib- und Lektureerfahrungen auf.