Neben der Dissoziationserfahrung wird von der Forschung in erster Linie das Utopiemoment als epochenspezifisches Merkmal des Expressionismus insbesondere im Hinblick auf die Gattung des Dramas und bezuglich der Manifeste und Programmschriften genannt. Die vorliegende Arbeit bemuht sich demgegenuber um den Nachweis, dass weitverbreitete Pauschalurteile dieser Art modifizierungsbedurftig sind. Zur adaquaten Erfassung der vielschichtigen expressionistischen Positionszusammenhange ist eine differenziertere Beschreibung von teils divergierenden Einzeltendenzen geboten. Zudem wird gezeigt, dass utopische Entwurfe gleichen Gehalts und die entsprechenden Gegenkonzepte bereits seit dem Naturalismus das Feld der literarischen Gestaltung in Programmatik und Drama bestimmen. Insofern wird mit der vorliegenden Analyse der herrschenden Forschungsmeinung sowohl im Hinblick auf die Thesen zur epochentypischen Qualitat als auch hinsichtlich der Behauptung des epochendistinktiven Stellenwerts von utopischen Entwurfen widersprochen. Vor dem Hintergrund konkurrierender Stromungen vom Naturalismus bis zum Expressionismus werden die traditionellen Epochentermini selbst problematisch."