Band 3 der HKW enthält Kelsens Publikationen aus den Jahren 1911 bis 1917, umfasst also die Phase nach dessen Habilitation bis in die letzten Jahre der Donaumonarchie. Die insgesamt 25 Beiträge zeigen ein vielschichtiges Bild des Autors: Neben mehreren Buchbesprechungen und kleineren, tagesaktuellen Arbeiten finden sich Studien, in denen Kelsen den in seiner Habilitationsschrift (HKW 2) grundgelegten ideologiekritisch-positivistischen Ansatz weiterentwickelt und entfaltet; zentrale Schriften des Übergangs von einer statischen zu einer dynamischen Rechtsbetrachtung markieren "Zur Lehre vom Gesetz im formellen und materiellen Sinn" (1913), "Zur Lehre vom öffentlichen Rechtsgeschäft" (1913), "Reichsgesetz und Landesgesetz nach österreichischer Verfassung" (1914), "Über Staatsunrecht. Zugleich ein Beitrag zur Frage der Deliktsfähigkeit juristischer Personen und zur Lehre vom fehlerhaften Staatsakt" (1914) sowie "Die Rechtswissenschaft als Norm- oder als Kulturwissenschaft" (1916). In mehreren Beiträgen widmet er sich Wesen und Wert der Rechtssoziologie, was ihm eine literarische Kontroverse mit dem Hauptvertreter dieser Richtung, Eugen Ehrlich, einbringt. Kelsens Engagement für die Arbeiterbildung dokumentiert sich in dem den Einflüssen des Charakters und der Weltanschauung feinsinnig nachspürenden Aufsatz "Politische Weltanschauung und Erziehung" (1913). Die Kriegszeit, in der Kelsen zuletzt für den k.u.k. Kriegsminister Rudolf Freiherr von Stöger-Steiner tätig ist, schlägt sich in einem Beitrag nieder, der unter anderem Kelsens politischen Realitätssinn zeigt: "Zur Reform der verfassungsrechtlichen Grundlagen der Wehrmacht Österreich-Ungarns" (1917/1918).