Eine ehemalige Heroine Amerikas, ein längst verstorbenes Idol, ruft aus dem Jenseits die Toten an. Dabei erschafft sie ein Bild von sich selbst, sie prüft Inhalt und Form ihrer Rolle, sie inszeniert sich als Kunstwerk. Mit biografischen Fakten und einem permanenten Vergleich mit Marilyn Monroe, Jackies stärkster Gegenspielerin, beschreibt Jelinek in ihrem Hörspielmonolog Jacqueline Bouvier (1929 ? 1994), die Witwe des US-Präsidenten John F. Kennedy und des griechischen Milliardärs Aristoteles Onassis. Ein Leben voller Glanz und Glamour, Bedeutung und Behauptung, Schicksalsschläge und Schocks passiert Revue. Der Hörspielsendung stellte Karl Bruckmaier Bob Dylans Song 'Leopard-skin pill-box hat? voran. Das konzentrierte Textgebilde zieht immer engere Kreise um Jackie und ihre Familie. Mit analytischer Präzision verleiht Elfriede Jelinek ihrem Text und der Rolle der Jackie eine immer deutliche Eigenwahrnehmung des Charakters und es gelingt eine feministische Einschätzung einer Person des öffentlichen Lebens sowie des politischen und gesellschaftlichen Zeitgeschehens.
Das Theaterstück 'Jackie? ist die Episode 'Der Tod und das Mädchen IV? der Prinzessinnendramen von Elfriede Jelinek, erschienen im Rowohlt Theater Verlag, (auch: www.elfriedejelinek.com).
Für das Hörspiel 'Jackie? erhielt Elfriede Jelinek im Jahr 2004 den 53. Hörspielpreis der Kriegsblinden.
Barbara Schäfer
'Ein Zombie hing am Glockenseil? hieß einst ein billiger italienischer Horrorfilm. Jelineks Zombie heißt Jackie und hängt am Glockenseil seiner Erinnerungen, sitzt auf einer Parkbank im Jenseits; wie 'Forrest Gump? hat dieser Zombie seinen Unterkiefer ausgehängt und lässt den Text laufen. Schnell errät man den Namen dieser Untoten. Selbst nach dem lang zurückliegenden Ableben werden Haut und Knochen von Haute Couture zusammengehalten, die Seele dagegen von Eifersucht und Selbsttäuschung zerfressen. Ein Leben, eine Haltung implodiert, was eben noch als Philosophie erschien, wird abgeschmackte Phrase, was eben noch wie Weisheit wirkte, wird zur grotesken Dummheit. Elfriede Jelinek nimmt diesen Zombie an, lässt ihn sich ausheulen, lässt ihn vertrackte Wortakrobatik treiben, lässt ihn die Schrecknisse eines Menschenlebens unbarmherzig im trüben Drüben wieder erleben. Die Regie lässt den Text kreisen, gar rotieren, lässt ihn scheinbar sinnfrei mäandern bis zum Delirium; ideal für diesen Ansatz ist die Stimme von Marion Breckwoldt, die Jelineks Zombie-Sentenzen durch die Inszenierung wälzt als wären sie Bonmots, wie sie eben beim Kaffeeklatsch einer First Lady fallen, meine Liebe... Schlechte Stimmung also im Jenseits, aber alle Anwesenden haben guten Grund dazu.
Karl Bruckmaier
intermedium rec. 021
ISBN 3-939444-22-7
ISBN 978-3-939444-22-0