Das Verhaltnis Thomas Manns zu seinem Heimatland war stets voll Spannungen und Widerspruche, im Positiven wie Negativen. Dabei ging es ihm nie nur rein um das AEussere, das Historische oder Politische. Vielmehr war sein Deutschlandbild ein ideelles Konstrukt, das tief in der deutschen Geistesgeschichte wurzelte und ohne dessen Kenntnis zentrale Werke nicht hinlanglich verstandlich sind. Es handelt sich um das zweite Gesicht des oft belachelten "Unpolitischen", des gelauterten Konservativen und Vernunftrepublikaners der Weimarer Republik, des Mahners und fernen Exilanten im Zweiten Weltkrieg. Auf den Spuren eines tiefgreifenden romantischen Konservatismus weist der Autor nach, dass sich ein transzendentes und mythisches Deutschlandbild als roter Faden durch das Leben Thomas Manns zog und als Spiegel seiner oeffentlichen AEusserungen als auch seiner literarischen Werke erscheint. Vor diesem Hintergrund erweist sich nicht zuletzt der bedeutende Altersroman Doktor Faustus als konservierendes Vermachtnis einer Idee, die selbst der Nationalsozialismus nicht zerstoeren konnte und die ein geistiges Bindeglied weit in die Nachkriegszeit hinein darstellt. Somit kann auch das uber Jahrzehnte gepflegte tendenzielle und oft diffamierende Bild des politischen Dilettanten eindeutig widerlegt werden. Deutlich wird vor allem eines: Thomas Mann passte nicht in eine bestimmte Schublade. Er hatte viele Gesichter.