Unreliable narration ist eine Erzahlstrategie, bei der die Aussagen eines Erzahlers innerhalb des literarischen Kunstwerks ausser Kraft gesetzt werden. Diese Untersuchung befasst sich zunachst mit der Begriffslage, wobei das Konzept der unreliable narration mit verwandten narrativen Modellen wie Mentalstilistik und skaz in Verbindung gebracht wird. Nach der Erarbeitung von Analysekriterien wird an Textbeispielen aufgezeigt, wie sich dieses Phanomen auf das Erzahlgeschehen, die Figurenkonstellation und die Raumzeitebene in Dostoevskijs Zapiski iz podpol'ja auswirkt. Vergleichend dazu macht eine Analyse von Moskva-Petuski nicht nur dessen koharentes Erzahlkonzept, sondern auch die enge Verwandtschaft beider Texte deutlich. Die abschliessende Untersuchung der unreliable narration in der russischen Erzahlprosa zwischen Realismus und Postmoderne gibt den Blick auf eine Erzahltradition frei, die trotz unterschiedlicher Textpraktiken als eine Entwicklungslinie gesehen werden kann.