Einem antiken, einem mittelalterlichen und selbst einem neuzeitlichen Autor, der sich mit Fragen der Erziehung befasste, wäre es nicht in den Sinn ge kommen, über das Verhältnis von Pädagogik und Ethik nachzudenken und es als problematisch darzustellen. Autoren von PLATON bis HERB ART haben Er ziehung selbstverständlich mit Moral oder Sittlichkeit, der Idee des Guten, den Kardinaltugenden oder einem Ethos verbunden, ohne Reflexionsbedarf für eine pädagogische Ethik zu sehen, die mehr und anderes wäre als die Ab leitung ethischer Sätze für Zwecke und Aufgaben der Erziehung. Mindestens bis HERBART gilt der Satz, dass die Zwecke der Erziehung auch dann ethisch bestimmt sein müssten, wenn eine fertige oder konsensfähige Ethik gar nicht vorliegt. "Ethik" oder "praktische Philosophie" schien unabhängig von ihrer Beschaffenheit oder Qualität der Garant zu sein, über Probleme der Erziehung auf moralisch zulässige oder aussichtsreiche Weise nachdenken zu können. Das scheint sich grundlegend geändert zu haben, betrachtet man Buchti tel, Häufigkeit der Problembenennung oder mit Erziehung und Bildung in Zusammenhang gebrachte Lösungswahrscheinlichkeiten. Dabei spielen oft höchst einfache Annahmen eine Rolle, ohne eine bestimmte philosophische Ethik bemühen zu müssen. Man könnte von einem AssoziationsJeld sprechen, in dem Defizite reflektiert und mit Postulaten der Erziehung verknüpft werden. "Erziehung" ist auf diesem Feld zumeist identisch mit Moralerzeugung; die Idee ist, gesellschaftliche Übel oder individuelle Defizite in moralischen Hin sichten mit neuer und besserer Erziehung bearbeiten zu können.