Eva Horn, Manfred Weinberg Allegorie ist der Name für eine Struktur des Verweisens, in der Text und Bild, Materialität und Bedeutung, Zeichenhaftigkeit und Geschichtlichkeit in eine ge meinsame Konfiguration gebracht werden. Von ihren frühen Versionen in der antiken Rhetorik bis zu ihrer Renaissance in der modernen Ästhetik ist sie darum immer wieder zur master trope poetologischer Reflexionen geworden. Denn die Allegorie erschöpft sich nicht im bloßen Akt des Verweisens, sondern sie führt zugleich die Struktur der Repräsentation am ästhetischen Gegenstand mit vor. Allegorische Repräsentation ist darum - spätestens seit der Romantik - zum Para digma ästhetischer Selbstreflexion geworden. Diese Reflexivität hat die Allegorie zur Crux von Debatten werden lassen, in denen die Konkurrenz oder der Bruch zwischen ästhetischen, semiotischen oder epistemologischen Ordnungen verhandelt wurde. An ihr kristallisierte sich der Kampf zwischen den Lektüreregimes des einen und der vielfachen Schriftsinne; sie markiert die Ablösung einer figuralen Episteme der Ähnlichkeiten durch eine arbiträre Logik der Repräsentation; und sie wird im 18. Jahrhundert zum paradigmatischen Streitpunkt in der Frontstellung zwischen einer Poetik der Subjektivität und einer Rhetorik der Texte, die in Abset zung sowohl vom 17. Jahrhundert als auch von den romantischen Schreibverfahren der Verrätselung aktiv getilgt und verworfen werden muß. Die neueren litera turtheoretischen Debatten zwischen Hermeneutik und Dekonstruktion können als ein später Reflex dieser Problematik verstanden werden, in der es letzthin immer um die Frage nach dem Fortleben oder der Reaktualisierung der Rhetorik nach ihrem angeblichen Ende geht.