Ais George C. Homans 1961 seine Arbeit Elementarformen sozialen Verhaltensl veroffentlichte, war kaum zu erwarten, daB sein Theorieansatz durchgangig zustim- mende Aufnahme im Kreise seiner Fachkollegen finden wiirde. Die Theorieentwick1ung in der Soziologie war gerade in den Vereinigten Staaten eindeutig durch eine Schule gepragt, die sich durch Homans' Pladoyer fur eine verhaltenstheoretisch orientierte Soziologie herausgefordert fuhlen muBte: die strukturell-funktionale. Homans selbst hat sich keineswegs in der Betonung dieser Herausforderung zuruckgehalten, sondern diese vielmehr in einigen Aufsatzen provokativ zugespitzt, nicht zuletzt in seiner Presidential Adress, die er als Prasident der Amerikanischen Soziologischen Gesell- schaft 1964 auf deren Jahrestagung vorgetragen hat!. Nun hat die Kritik am soziologischen Funktionalismus gewiB nicht erst mit Homans eingesetzt, doch blieb es ihm vorbehalten, mit seinem theoretischen Gegenentwurf das Problem auf eine Auseinandersetzung urn die grundlegende Orientierung soziologi- scher Theorie zu zentrieren, eine Auseinandersetzung, die in Variationen die gesamte Geschichte der Entwicklung soziologischen Denkens durchzieht. Gemeint ist der Kon- flikt zwischen einer individualistischen und einer kollektivistischen oder soziologisti- schen Orientierung soziologischer Theorie, in dem Homans klar wider den Soziologis- mus Partei ergreift 3. Es ist nicht zuletzt das Anliegen der vorliegenden Ausgabe, die Bedeutung dieses Konfliktes fur das alltagliche Verstandnis von Gesellschaft und fur die wissenschaftliche Analyse gesellschaftlicher Verhaltnisse deutlich zu machen. Durch dieses Anliegen ist die Auswahl der Beitrage bestimmt.