Einleitung "Wir wissen heute relativ zuverlässig - um zynisch zu sprechen -, was man tun müsste, um Kinder neurotisch zu machen; wir wissen aber nicht annähernd mit gleicher Zuverlässigkeit, was getan werden muss, damit sie es nicht werden. Da liegt die Vermutung nahe, dass es unsere Lebensformen im Ganzen sind, die darüber entscheiden" (Mollenhauer, 1986, S. 9). Diese "Lebensformen im Ganzen" sind es, die zu "Disziplinschwierigkeiten in der Schule" führen und die bei immer wieder geführten wissenschaftlichen und poli- schen Debatten um fehlende "Disziplin", "Moral" und "Werte" in den Blick gen- men werden müssen (vgl. Edelstein, 2001; Brenner, 2006; Brumlik et al. , 2007). Die Wahrnehmung und Bearbeitung des Problems "Disziplinschwierigkeiten in der Schule" muss dabei als gesellschaftlicher Prozess begriffen werden. Als gese- schaftliche Lösungsvorschläge lassen sich drei bevorzugt diskutierte und beschr- bene Ansätze identifizieren: Die Problemverschiebung, die Schaffung von A- fangeinrichtungen und die Verschärfung der Auslesekriterien (vgl. Fauser u. Schw- zer in: Schweizer u. Thiersch, 1983, S. 12). Alle drei Lösungsformen setzen jedoch nicht an sozialen Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen an: Kuriert werden die Symptome, nicht die Ursachen der "Probleme". Ein Problem des deutschen Schulsystems stellt das Misstrauen gegenüber der sozialen Wirklichkeit und dem sozialen Leben dar, welches Annahmen über Ur- chen von "Disziplinschwierigkeiten in der Schule" bestärkt, die davon ausgehen, dass psychische "Schäden", welche junge Menschen heute bereits in die Schule mitbringen, in der Gesellschaft, den Medien oder im familiären Bereich begründet liegen.