Das Hamoglobin ist eines der wenigen Proteine, bei dem einerseits die Beziehungen zwischen Struktur und Funk tion bis in den molekularen Bereich hinein bekannt sind und andererseits die genabhangige Determination einer jeden Aminosaure im Globintetrameren sowie deren mutative Veranderungen detailliert analysiert wurden. Mit dem Nachweis der Hamoglobinvariante Hb S bei der Sichelzellanamie (PAULING et al. 1949) und ihrer Struk turaufklarung (INGRAM 1957) wurde erstmals der direkte Beweis fur die Synthese eines veranderten Proteins infolge einer Genmutation erbracht. Durch die Sequentierung der entsprechenden mRNA ist schliesslich im Jahre 1977 (MAROTTA et al. 1977) die zugrunde liegendemutative Ver anderung im Gen aufgeklart worden. So haben protein chemische, molekularbiologische und physiologische Un tersuchungen am normalen Hamoglobin und an seinen Varianten zur Lokalisierung der Basisdefekte der Hamo globinopathien bis hin zu den NUKleotidveranderungen im mutierten Gen gefuhrt. Bisher sind mehr als 300 Varianten des Hamoglobins beschrieben und ihre Molekularpathologie untersucht worden. PAULING pragte fur die durch diese Varianten be dingten Hamoglobinopathien den Begriff der Molekular krankheit. Dem raschen Fortschritt der letzten beiden Jahre auf dem Gebiet der Molekulargenetik der Hamoglobinsynthese Rechnung tragend, soll in vorliegender kurzer Mono graphie eine geschlossene Darstellung der Struktur Funktions-Beziehungen und der Genetik des normalen Hamoglobins des Menschen und seiner Varianten sowie Vorwort 6 eine Pathophysiologie ausgewahlter Hamoglobinopathien gegeben werden, die sowohl dem Mediziner als auch dem Naturwissenschaftler die molekularen Aspekte einer Gruppe sehr gut untersuchter genetisch bedingter Defekte des Menschen nahe bringen mochte."