Lateinamerika ist seit vielen Jahrzehnten ein wichtiger Ort für die Architektur. Altmeister wie Barragán, Dieste, Lina Bo Bardi und Niemeyer waren und sind wegweisend für das architektonische Gestalten weltweit. Ihr Umgang mit Farben, Materialien und Wänden hat die architektonische Moderne nachhaltig beeinflusst. Seitdem und insbesondere in den letzten fünfzehn Jahren hat sich aber die Architektur auf diesem Kontinent weiterentwickelt und es ist eine lebendige und äußerst kreative Architekturszene entstanden. Die Arbeit der dortigen Architekten und Stadtplaner wird vielfach von sozialen Fragen geleitet, etwa dem Umgang mit ungeplanten Siedlungen am Rande der Großstädte, der Knappheit von Wohnraum und öffentlichem Raum, der Verfügbarkeit bezahlbarer Transportmittel, die wichtige Rolle von kultureller Infrastruktur wie Schulen, Bibliotheken oder Sportstätten als Katalysatoren für eine Nachbarschaft. In diesem Kontext werden zahlreiche Projekte erörtert, die quer durch Lateinamerika für Diskussion und Impulse gesorgt haben.
Aufsehenerregende Projekte wie die Santo Domingo-Bibliothek in Medellín, Kolumbien, von Giancarlo Mazzanti, das Liceo Franco-Mexicano von Alberto Kalach in Mexiko oder die Arbeiten von Alejandro Aravena in Chile belegen, dass die neuere Architektur auch in formaler und ästhetischer Hinsicht den Vergleich mit den Vätern nicht zu scheuen braucht.
Felipe Hernández ist Architekt und Professor für Architekturdesign, Architekturgeschichte und Architekturtheorie an der Universität Liverpool. Seinen MA in Architektur und Kritischer Theorie schloss er 1998 mit Auszeichnung ab und promovierte 2003 an der Universität Nottingham. Er unterrichtete an der Bartlett School of Architecture (UCL) und den Universitäten Nottingham, Sheffield, East London und Nottingham Trent im Vereinigten Königreich sowie an der Brown University und Roger Williams University in den Vereinigten Staaten. Felipe Hernández hat zahlreiche Aufsätze und Artikel veröffentlicht, die sich mit der Lage der lateinamerikanischen Großstädte in der heutigen Zeit beschäftigen und die Vielfalt der architektonischen Verfahren zeigen, die gleichzeitig bei der kontinuierlichen Neugestaltung der Städte des Kontinents mitwirken.