Die skandinavistischen und germanistischen Beiträge dieses Bandes versuchen sich an einer "Praxeografie des Textuellen" (Robert Schmidt), indem sie die vielfältigen Praktiken beleuchten, in die Literaturen zu Beginn des 20. Jahrhunderts eingebunden waren. Auf der Grundlage einer Verschränkung von Handlungstheorien mit Ansätzen der Performativitätsforschung werden sowohl solche Praktiken in den Blick genommen, in denen wichtige Akteure des literarischen Feldes im Mittelpunkt stehen, als auch solche, die sich durch ihre Einbindung und Verwendung von Medien oder durch ihren Bezug auf bestimmte Milieus definieren lassen: das Vorlesen literarischer Texte im Rahmen von Autorenlesungen und in der Schule, die literarischen Praktiken der Avantgarde und der Boheme, die Inszenierung und Rezeption von Literatur durch Grammophon und Radioübertragung, die Interaktion von Literatur und Presse, die Konstituierung eines milieuspezifischen Literaturbegriffs durch Praktiken der Arbeiterbewegung und die intermedialen Inszenierungsformen von Literatur auf einer Buchausstellung. Die Beispiele machen deutlich, dass Literaturgeschichte nicht nur text- und medienhistorische Verläufe, sondern auch die Entstehung und Entwicklung von Praktiken berücksichtigen muss.