Kunst veränderte das vom Westen sichtbare Antlitz der Berliner
Mauer zur längsten Leinwand und Galerie der Welt. Wo in den Jahren vom
Mauerbau bis 1983 überwiegend Sprüche in allen Sprachen der Welt zu den
Spaziergängern sprachen, setzte 1981 die Revolution der »Kunst an der
Mauer« ein. Ihre Protagonisten begannen das längste Grau der Welt für
Fotoreportagen, Filme, Installationen, Performances und großformatige
Bilder zu verwenden. Die Produkte dieser Aktionen gingen um die Welt und
zerrten das DDR-Regime samt seiner Grenzpolitik in die internationale
Öffentlichkeit. Von der Ausdruckskraft dieser Arbeiten mitgerissen,
kamen Jahr für Jahr Hunderttausende Touristen nach Westberlin, um dem
ästhetischen Seismographen auf der Trennlinie zwischen Ost und West
gegenüberzustehen. Mit etwas Glück entdeckten sie dabei die Kunst von
David Wojnarowicz, Jonathan Borofsky, Richard Hambleton, Christophe
Emanuel Bouchet, Thierry Noir, Kiddy Citny, Alexander Hacke, Mark Eins,
Michael Gremenz, Peter Unsicker, Franco Bartoletti, Jürgen Große
(Indiano), Keith Haring, Blümchen (Birgitt Scharpf), Yadegar Asisi, Ron
English, Deborah Kennedy und Mutoid Waste Company (Robin Cooke). Den
Werken dieser und vieler anderer Künstler, die mit dem Fall der Mauer
verloren gingen, setzt das aufwändig gestaltete Buch von Ralf Gründer
ein kongeniales Denkmal. Anschaulich und detailreich lässt es die
damalige Zeit, die Akteure und ihre Kunst an der Mauer vor den Augen des
Lesers aufleben.