Gegen die Stereotypisierungen als »moderne Klassikerin« und »große alte Dame der deutschen Literatur« eröffnet der gewachsene historische Abstand die Chance zu einer neuen, zugleich kritischen und interessierten Auseinandersetzung mit dem vielfältigen Werk einer der wichtigsten Autorinnen der westdeutschen Nachkriegsjahrzehnte, die darüber hinaus in ihrem Leben und Werk grundlegende Entwicklungslinien des 20. Jahrhunderts repräsentiert. Ihr literarischer Weg führt aus konventionellen Anfängen zu einer intensiven Zeitgenossenschaft, in der autobiographisches Schreiben und Zeitkritik sich in moderner Formensprache miteinander verflechten. Die Texte engagieren sich für »eine aufmerksamere und nachdenklichere Welt« als Antwort auf die Gewalterfahrungen und Gefährdungen des 20. Jahrhunderts. Der Band geht hervor aus einer Tagung, die zum 100. Geburtstag von Marie Luise Kaschnitz (1901 1974) von der Katholischen Akademie Franz Hitze-Haus in Zusammenarbeit mit dem Institut für Deutsche Philologie II der Universität Münster abgehalten wurde.