Die Behauptung, Opas Demokratie sei tot, artikuliert ein Unbehagen an den tradierten Institutionen, das sich nicht mit dem Hinweis auf ein prosperierendes sogenanntes demokratisches Regierungssystem aus der Welt schaffen läßt. In der Tat sind Begriffe wie Öffentlichkeit, Konkur renzprinzip oder Gleichheit heute überall fragwürdiger denn je, nicht zu letzt weil sie ihren Kampfcharakter eingebüßt haben und in systemstabili sierende Werte umfunktioniert wurden. Stabilität verwandelt sich leicht in Stagnation, und am gesellschaftlichen Stillstand entzündet sich der Protest der Revolutionäre, die sich mit einem nur technischen oder kul turellen Fortschritt nicht bescheiden wollen. Sie setzen der jeweiligen strukturverschleiernden Ideologie ihre Utopie entgegen, die um so mehr Sprengkraft entwickelt, je starrer die Institutionen sind. Ein System droht jedenfalls dann zu erstarren, wenn es seine überlieferten Axiome nicht mehr reflektiert, vielmehr jeden Reflexionsversuch mit den tradier ten Werten übertönt, die es von einer Art tibetanischer Gebetsmühlen ständig herunterklappern läßt. Dieses Buch ist ein Reflexionsversuch mehr. Es sucht eine Antwort auf die Frage, ob die überkommenen demokratischen Werte und Institutio nen für den modernen Staat etwas taugen. Als Ansatz der Überlegungen dient der Öffentlichkeitsbegriff, der mir eine zentrale institutionelle Kategorie des demokratischen Systems zu sein scheint. Ich meine, die Er örterungen verdeutlichen, daß die Demokratie zwar nicht stirbt, wohl aber kränkelt. Die Therapie, die hier vorgeschlagen wird, kuriert besten falls einige Symptome, dagegen sicher nicht die ganze Krankheit; ein erster diagnostischer Versuch wird eben nur selten zu einer umfassenden Therapie führen.