Der pikarische Roman spanischen Ursprungs stellt eine defizitare Welt der Unbestandigkeit dar, in der der Protagonist in seinem anpassungsfreudigen Opportunismus eine innere Entwicklung nicht kennt. Erzahltechnisch spiegelt sich dies in episodenhafter Struktur und einem offenen Romanausgang wider. Fur den amerikanischen Pikaro der Moderne dagegen steht eine Suche nach Selbstverwirklichung im Vordergrund, die eine starke Affinitat zur Teleologie des Entwicklungs- und des Bildungsromans Goethescher Pragung aufweist. Doch bleibt diese Suche, die im Bildungsroman ihre Erfullung findet, fur den bindungslosen Pikaro ein anzustrebendes Ziel ohne Abrundung in einem geschlossenen Ende. Die amerikanische Pikareske der Postmoderne schliesslich weitet sich im Hinblick auf Romanausgang und Konturenscharfe des Pikaro zu einer Offenheit, die nicht nur das Erstrebenswerte sondern auch die Existenz des Selbst in Frage stellt."