Im Frühwerk Nietzsches kann das Phänomen Rhythmus als eine anthropologische Technik verstanden werden, ästhetischen Strukturen unter den Bedingungen der Zeitlichkeit Dauer zu verschaffen. Wenn Nietzsche die Erscheinungsformen antiker und moderner Kultur veranschaulicht und kritisiert, so ist es der Leitfaden des Rhythmus, anhand dessen er ihre jeweilige kulturelle Kompetenz beurteilt, den Menschen als temporales Wesen im und gegen den Fluss der Zeit zu behaupten. Dabei zeigt sich, dass Nietzsche Antike und Gegenwart von ihren spezifischen Ausgangsbedingungen her grundlegend unterscheidet und anhand dieser Gegenüberstellung seine Kritik der zeitgenössischen Anthropologie, Wissenschaft und Ästhetik profiliert. In zwei Schritten, einem ersten Kapitel zu Nietzsches Sichtweise der antiken Rhythmik und einem zweiten zu seinem Blick auf rhythmische Erscheinungsformen zeitgenössischer Kultur, unternimmt es die vorliegende Studie, seine ästhetische Anthropologie des Rhythmus im Spannungsfeld von Antikerezeption und Modernekritik zu entfalten.