In diesem ersten Teil versammeln sich Beiträge, denen gemeinsam ist, daß sie sich direkt mit sozialwissenschaftlichen Mythenkonzepten auseinander setzen und sie begrifflich wie methodisch bereichern. Herfried Münklers Vorüberlegungen zu einer Theorie politischer Mythen stehen am Anfang dieses Bandes. Vorüberlegungen zur Theorie heißt bei Münkler wohl: es geht um eine Theorie, diese selbst ist noch nicht zu fassen. Wie die Katze um den heißen Brei, vorsichtig und (neu-)gierig zugleich, kreisen Münklers Gedanken um daß heiße Thema der nationalen Identität. Diese Spannung muß der Text aushalten: einen der der Theorie bedürftigsten Gegenstände ohne rechte Muße betrachten und analysieren zu müssen. Politische Mythen, so Münkler, haben mit nationaler Selbstdarstellung zu tun. Gerade mit der Selbstdarstellung sind wir Deutschen in Not. Wo uns heute allenthalben scheele Blicke treffen, nehmen wir begierig den Hinweis auf die Spiegelfunktion des Mythos auf. Denn so häßlich sind wir doch nicht. Sollten wir vorm Spiegel näher zusammenrücken? Mythen, klärt Münkler die wunde Seele weiter auf, enthalten ein Sinnver sprechen, sind Garanten der Zukunft. In ihnen liegt ein Heilsversprechen: ,,Plötzlich ist klar und fraglos, was zu tun ist." Münkler macht uns Appetit auf politische Mythen. Aber er warnt sogleich zur Vorsicht. Der Mythos ist immer ein Konkretum. Als ob Münkler uns sagen will: nicht eure Sehnsüchte, der reale Zustand des Gemeinwesens bestimmt, weIcher Mythos der eure sein kann. Da gibt es ty pische Fälle. Real erfahrene Gemeinschaften und solche, die den Schritt zur staatlichen Einheit noch nicht getan haben und die einer Assimilationspolitik ausgesetzt sind.