Erziehung zur Männlichkeit soll einmal von ihrem Risiko, nicht von ihrer Möglichkeit her betrachtet werden. Auch da die Säulen der traditionellen bürgerlichen Gewalt des Patriarchen Ermüdungser scheinungen zeigen, ist es notwendig, über absolut gesetzte phallische Zeichen hinweg nach anderem zu schauen. Männlichkeit hat in der Modeme nicht nur durch die feministische Kritik einen Prestigever lust erfahren, sie hat sich in ihrer Sachzwangerstarrung und Verding lichung selbst zum Risiko Nr. 1 der modernen Menschheitsgeschichte gemacht. An die Stelle eines Despoten und Patriarchen alter Schule aus der Blütezeit des Bürgertums, der auf der Grundlage ökonomi scher Verfügungsmacht mit Gewalt über die Seinen verfügte, ist die Gewalt des gefallenen Herren getreten. Gerade weil diesem Mann aktuell an Männlichkeit nicht viel mehr erhalten bleibt als die ins Ab surde gesteigerte kulturelle Omnipotenzbotschaft, setzt er sich und andere zunehmend in Gefahr. Um wieder "Herr der Lage" sein zu können, riskiert er andere und sich selbst. Die schemenhafte Identi tätsparole "sei nicht Nicht-Mann", mit der sein Lebenslauf aufgerü stet wird, die meint, daß er sich von allem Nicht-Männlichen abzu grenzen hat, um schließlich seine Frau anzueignen, macht ihn unzu länglich und unzugänglich. Zwischen der sexuellen Ausbeutung von Mädchen durch ihre Väter und dem Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln liegt eine direkte Verbindung: Gewalt, Macht, Herrschaft. Und auf der Straße dieser Gewalt befinden sich die vielen namenlosen Bettler. Bettler sind Subjekte und Objekte männlicher Gewaltförmigkeit. Das heimliche Curriculum der Männlichkeitserziehung in der Modeme lautet: Gewalttraining.