Temperenz ist als Fachbegriff in der Psychologie, Soziologie oder Sozialen - beit kaum bekannt. Er (wie seine eher schwache deutsche UEbersetzung "Ma- gung") erscheint weder im Sachregister des Woerterbuchs Soziale Arbeit von Kreft & Mielenz (2008) noch im Anhang des Psychologie-Handbuchs von - ers (2004) oder im Neuen Handbuch der Sozialisationsforschung von Hurr- mann & Ulich (1997), um nur drei Beispiele anzufuhren. Derartige Belege liessen sich in den Humanwissenschaften vermehrt finden. Wieso also einen scheinbar unbekannten, vielleicht auch veralteten Terminus in einem sozialwissenschaft- chen bzw. sozialarbeitswissenschaftlichen Zusammenhang bemuhen und ihm eine Monographie widmen? Die Antwort ist relativ simpel, und sie lautet: Gerade deshalb! Denn mit "Temperenz" scheint ein Moralbegriff verlorengegangen, der menschliche We- heit von Jahrhunderten, wenn nicht sogar Jahrtausenden, transportiert und heute darauf wartet, wiederentdeckt zu werden. Dies gilt in einer engen Auslegung - nachst fur das Handlungsfeld Gesundheit/Suchterkrankungen. Wir finden "T- perenz" als Fachbegriff zum einen in der Massigungsliteratur des 19. und fruhen 20. Jahrhunderts. Zum anderen stellt der Fachbereich Sozial- und Gesundhei- wesen an der Hochschule Magdeburg-Stendal mit einer kulturwissenschaftlichen Datenbank einen aktuellen Bezug her: Denn das Deutsche Archiv fur Tem- renz- und Abstinenzliteratur transportiert den Terminus in seinem Titel. Das Archiv verwaltet kulturwissenschaftliche Sammlungen alkohol- und drogen- zogener Literatur mit spezifischem Forschungsfokus auf Massigkeits- und Abs- nenzbewegungen. Es zielt darauf ab, kulturwissenschaftliche Erfahrungen in den 1 aktuellen Suchthilfediskurs zuruckfliessen zu lassen.