Was gegenwartig als erneute Aktualitat reformpadagogischen Engagements taxiert wird, ist als zweifaches Dilemma mit einem Problem der Rezeption verkettet: Erziehungswissenschaftler und Erziehungspraktiker nutzen die 'Reformpadagogik' als beinahe unerschopfliche Fundgrube. Dadurch ist 'Reformpadagogik' oder zumindest jenes Konglomerat von Ansatzen, das gegenwartig reaktualisiert wird, zu einer Ansammlung von 'padagogisch Wertvollem' geworden.
Die vorliegende Studie untersucht das Verhaltnis von Reformen in der schweizerischen Lehrerbildung und der 'Reformpadagogik' im Zeitraum zwischen 1870 und 1930.
Aufgrund umfangreicher Archivrecherchen verteidigt die Arbeit den Standpunkt eines evolutiven padagogischen Prozesses vor der Jahrhundertwende. Diesen soll der Text anhand der "schweizerischen Lehrerbildung" in den " Lehrerseminaren" veranschaulichen, indem er "'Mikroreformen' als Gradmesse permanenter Reformen" diskutiert. So wird eine 'Reformpadagogik vor der Reformpadagogik' nachgewiesen.
Belegt wird: In den Schweizer Seminaren existiert eine "Tradition der Reform," eine "padagogische Reformtradition," also: "'Reformpadagogik avant la lettre'," welche schliesslich gegen die einbrechende reformpadagogische Erneuerung opponieren muss."