Im alltaglichen Sprachgebrauch bezeichnet Tarifautonomie gemeinhin das Recht der Tarifpartner, ohne staatliche Einmischung die Tauschbedingungen fur ihre M- glieder am Arbeitsmarkt zu regeln. Diesem Verstandnis entsprechend hat sich der Staat der Einmischung in die Ausgestaltung der kollektiven Arbeitsbeziehungen vollkommen zu enthalten. Ihm kommt lediglich die Aufgabe zu, einen institut- nellen Rahmen, eben einen Konfliktrahmen, fur diese autonome Regelung zur V- fugung zu stellen, in dem die kollektiven Arbeitsmarktakteure die widerspruchlichen Interessen ihrer Mitglieder temporar zu Interessenkompromissen verarbeiten k- nen. Dieser durch Gesetzgebung geschaffene, selbst aber gesetzgebungsfreie Re- lungsraum steht durch Ableitung aus dem Grundrecht auf Vereinigungs- und Koa- tionsfreiheit unter grundgesetzlichem Schutz. Die Gestaltung der Arbeitsbeziehungen durch kollektive Akteure geniesst zwar Vorrang gegenuber staatlichem Interventionswillen, nicht aber absoluten Schutz: staatliches Handeln darf zur Garantie des staatsfreien Raums der Arbeitsbezi- ungen nicht in Widerspruch geraten, es sei denn, die Ergebnisse der kollektivau- nomen Ausgestaltung kollidieren nach Einschatzung des Staates mit anderen, gleichrangigen Grundrechten, mit deren Einhaltungsuberwachung er beauftragt ist. Durch diese Einschrankung wird aus der absoluten Autonomie der Tarifverbande eine relative Autonomie, und aus dem unbeteiligten Nebeneinander von Verbanden und Staat ein aufeinander bezogenes Interagieren.