Die Nothilfe fristet - entgegen ihrer praktischen Bedeutung - in der strafrechtswissenschaftlichen Diskussion weitgehend ein Schattendasein. Zumeist werden die aus der Beschäftigung mit dem Zwei-Personen-Verhältnis zwischen dem Angreifer und dem sich selbst verteidigenden Angegriffenen gewonnenen Einsichten über Grund, Voraussetzungen und Grenzen der Notwehr einfach auf die Nothilfe übertragen und dann lediglich um einige bereichsspezifische Überlegungen ergänzt. Eine solche Fokussierung auf die Notwehr im engen Sinn birgt indes die Gefahr von Verkürzungen und Verzerrungen. Armin Engländer nimmt dagegen von vornherein das Drei-Personen-Verhältnis zwischen Angreifer, Angegriffenem und Nothelfer ins Blickfeld und erörtert aus strafrechtlicher Perspektive das Rechtsinstitut der Nothilfe erstmals in seiner gesamten Bandbreite. Er untersucht dabei unter anderem die ratio legis der Nothilfe, die Konkurrenz zwischen Selbst- und Fremdverteidigung, das Verhältnis zur staatlichen Gefahrenabwehr, die Problematik der aufgedrängten Nothilfe und die sogenannten sozialethischen Einschränkungen der Nothilfe. Ausgehend von den subjektiven Rechten des Angegriffenen entwickelt der Autor eine individualrechtliche Nothilfekonzeption, die die von § 32 StGB eingeräumte Befugnis zur Verteidigung eines anderen begründet, ihre Grenzen bestimmt, das System abgestufter Notrechte plausibel macht und die Unterschiede zum staatlichen Gefahrenabwehrrecht erklärt. Damit schließt er eine Forschungslücke im Allgemeinen Teil des Strafrechts.