"Bundesrecht bricht Landesrecht" - Artikel 31 des Grundgesetzes gehört in seiner apodiktischen Kürze zu den dunklen Sätzen unserer Verfassung. Herkömmlich als Derogationsnorm gedeutet, verweist dieser Artikel auf ein von Hans Kelsens Reiner Rechtslehre inspiriertes Modell, zu dessen Kerngedanken insbesondere Grundnorm und Stufenbau gehören. Auf der Basis einer kritischen Revision dieses Modells entwickelt Kai Engelbrecht die Alternative einer dualen Geltungsbegründung, welche ohne fragwürdige Figuren wie Grundnorm oder Stufenbau auskommt. Der Autor analysiert die Folgen dieses Perspektivenwechsels in vergleichender Betrachtung von ausgewählten dogmatischen Fragen des Art. 31 GG. Die Struktur von Kollisionen, die hierfür in Betracht zu ziehenden Rechtsmassen und die Rechtsfolge der Kollisionsregel erscheinen ebenso in neuem Licht wie ihr Verhältnis zu den Gesetzgebungskompetenzen oder zu Art. 142 GG.