11 Was macht fur Pottker den Beruf Journalismus aus? Konstitutiv ist zunachst einmal, im Sinne der Berufsdefinition Max Webers, eine typische Spezifizierung, Spezialisierung und Kombination von Leistungen einer Person [ ], welche fur sie die Grundlage einer kontinuierlichen Versorgungs- und Erwerbschance ist (Weber 1972: 80). Mit anderen Worten: Journalisten sollen fur ihre spezielle Tatigkeit und die dafur erworbenen Kom- tenzen ein regelmassiges und zum Leben ausreichendes Einkommen erwarten (konnen). Daruber hinaus ist der Journalistenberuf mit einer ihm eigenen Aufgabe bewusst verm- det Pottker den systemtheoretisch konnotierten Funktionsbegriff verbunden: dem Herst- len von Offentlichkeit (vgl. u. a. Pottker 1999). Als Kernelement des journalistischen - rufsethos lasst sich damit ein Drang zum An-den-Tag-bringen beschreiben, der bereits in der Berufsbezeichnung Journalist erkennbar wird, in der das franzosische Nomen le jour (der Tag) enthalten ist: Journalisten bringen an den Tag, was nicht verschwiegen werden darf, damit ihre Rezipienten sich in der Gesellschaft, in der sie leben, zurechtfinden konnen. Aus der Offentlichkeitsaufgabe ergibt sich eine journalistische Grundpflicht zum P- lizieren, von der im Prinzip kein Gegenstand und kein Thema ausgenommen ist (ebd.: 221). Pottker vergleicht diese Grundnorm oft anschaulich mit ahnlichen bei Arzten, die menschliches Leben erhalten, oder Rechtsanwalten, die fur ihre Mandanten das rechtlich Mogliche herausholen sollen. Sollte es Grunde geben, die gegen eine Befolgung dieser Gebote sprechen, so mussen diese besonders stark ausgepragt sein. Nach dieser Argumen- tion ist das Nicht-Veroffentlichen von bestimmten Themen ein schwerer wiegender Verstoss gegen die journalistische Professionalitat als eine Verfalschung publizierter Informationen."