Gegenstand dieser Arbeit ist es, die literarischen Bearbeitungen einer realen Begebenheit durch zwei Jahrhunderte zu verfolgen. Zwei zentrale Ereignisse aus dem Leben der Elisabeth von Ardenne - ihr Ehebruch und die Toetung ihres Liebhabers im Duell - werden von den zeitgenoessischen Autoren Theodor Fontane und Friedrich Spielhagen im 19. Jahrhundert, unabhangig voneinander, in ihren Romanen Effi Briest und Zum Zeitvertreib verarbeitet. Unter Berucksichtigung diverser erzahltechnischer und soziohistorischer Faktoren ergeben sich Anhaltspunkte fur die andauernde Beliebtheit von Fontanes Roman, wahrend Spielhagens Werk schon bald nach seinem Tod in Vergessenheit geriet.
Im 20. Jahrhundert spielen Rolf Hochhuth, Christine Bruckner und Dorothea Keuler mit der bekannten Vorlage Fontanes. Bruckner verleiht der Effi-Figur in ihrem kurzen Prosatext eine Stimme, um ihr Leiden an den ihr zugefugten Beschadigungen auszudrucken. Hochhuth beruft sich auf den realen Lebenslauf der Hauptfigur und stellt mit seinem Theaterstuck Effis Nacht eine Verbindung her zwischen der ritualisierten Gewalt des Duells im 19. Jahrhundert und ihrer explosionsartigen Steigerung in der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs und des Nationalsozialismus. Keuler schreibt mit ihrem Roman Die wahre Geschichte der Effi B eine melodramatische Alternativerzahlung. Durch ihre Trivialisierung der Story, in der die Gesellschaftskritik Fontanes verschwindet, und durch die Entdifferenzierung der in seinem Roman angelegten Vielstimmigkeit entfernt sie sich am weitesten von der asthetischen Qualitat Effi Briests.