Unter jenen, die den Einmarsch deutscher Truppen in Österreich vor
siebzig Jahren begrüßten, waren nicht nur Resignierte jeder Schattierung,
die das staatspolitische Experiment der Ersten Republik für
gescheitert und nun die »Heimkehr ins Reich« eher für das kleinere
Übel hielten. Außer fanatischen Nazi-Anhängern, die schon jahrelang
in der Illegalität aktiv waren, gab es viele aus allen Lagern der Bevölkerung,
einschließlich der organisierten Arbeiterschaft, die unter dem
Druck der Verhältnisse aus verschiedenartigsten Motiven längst zu
Überläufern und Verrätern geworden waren.
Anhand von Erlebnisberichten der letzten, in die Tagespolitik der
Zwischenkriegszeit verstrickten Zeitzeugen zeichnet der Soziologe
Heinrich Dosedla in einem spannenden Tagebuch den Weg der
kleinen Leute vom Schutzbund zur SS und vom Kuhstall ins KZ nach.
Gleichzeitig versucht er den Weg seines Vaters nachzuzeichnen, der in den Nachkriegswirren spurlos verschwand