Soziologische Zeitdiagnosen thematisieren gegenwärtig vermehrt das Religiöse. Während die frühen Diagnosen der modernen Gesellschaft fast einhellig eine Säkularisierung der Religion diagnostizieren und damit das Religiöse aus dem Zentrum der Analyse verdrängen, sehen sich gegenwärtige Theorien der Modernität häufig durch das Religiöse herausgefordert und stellen es folglich in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen um eine Diagnose der modernen Gesellschaft. Neben diesem wirkmächtigen, eher an gesellschaftstheoretischen und zeitdiagnostischen Fragen orientierten Diskurs entwickelt sich in den letzten Jahren eine soziologische Theorierichtung, die eng am Begriff der Praxis ausgerichtet ist und vor allem in ihrer postkolonialen Ausformung universellen Gesellschaftsdiagnosen höchst skeptisch gegenübersteht. In diesem Sinne werden gesellschaftliche Praktiken und Praxisformen auch ohne den Anspruch untersucht, die Analyseergebnisse in eine allgemein ansetzende Gesellschaftstheorie einzubetten.