Die Wirklichkeit von Bösem und Übeln ist eine unbestreitbare Tatsache. Doch wie ist sie zu verstehen? Wie wird religiös auf sie reagiert? Und welche theologischen Probleme wirft das auf? Ingolf U. Dalferth argumentiert, dass die klassische Theodizeeproblematik nur eine Spätform des denkenden Umgangs mit dem malum in all seinen Versionen ist. Sachlich früher und kulturell folgenreicher sind die Weisen, in denen sich Menschen angesichts des Einbruchs von Bösem in ihr Leben an Göttliches, Götter oder Gott wenden, um zu klagen, um Trost und Hilfe zu erflehen und um sich in ihrem Leben existentiell und hermeneutisch neu zu orientieren. Indem sie beginnen, Gott zu denken, Böses in bestimmter Weise zu verstehen und ein Bild ihrer selbst und ihrer Welt zu entwerfen, arbeiten sie an der Suche nach einer Lebensform, die ihnen ermöglicht, mit ihren malum -Erfahrungen zu leben. Die Vielschichtigkeit dieser Vorgänge wird in drei Gedankengängen entfaltet, die sich mit den zentralen Strängen im christlichen Verständnis des malum als Mangel an Gutem, als Übeltat und als Unglaube auseinandersetzen, und zwar jeweils sowohl in antiken als auch in neuzeitlichen Problemkontexten. Dabei kommen das Theodizeeprojekt, das Freiheitsprojekt und das Gottesprojekt ausführlich zur Sprache, wobei insbesondere den Spuren der Entdeckung der Güte, der Gerechtigkeit und der Liebe Gottes im Zusammenhang der malum -Erfahrungen in der antiken Mythologie und den biblischen Traditionen nachgegangen wird.