Haar zeichnet sich durch seine widerspenstige Materialität aus, die konventionelle Dichotomien von Passivität und Aktivität aufhebt. Kopf- und Körperbehaarung figurieren als diskursiv überladener Ort poetologischer Reflexion, narrativer Komposition und literarischer Experimente. Sie bilden eine Schnittstelle zwischen Körperästhetik, Plot und narrativer Synthese durch säuberlich ‚frisierte‘ Diskursformationen, erzählerische Verstrickungen und die poetologische Qualität als literarischer Störfaktor.
Haar wird zum Ort gewalttätiger narrativer Schnitte, lyrischer Exzesse und dramatischer Verknotungen. Als tote Materie, deren eigentümliche Vitalität über das Fleisch hinausreicht, bedroht es die Integrität von Körper und Text durch seine inhärente Negativität und Widerstandsfähigkeit: als abgefallener menschlicher Detritus, als gespenstischen Präsenz, als unheimliche Handlungsmacht.
Beiträge aus Literatur-, Kultur- und Medienwissenschaft eröffnen in diesem Band neue Perspektiven auf Poetik, Praktiken und Funktionen von Haaren. Literatur, Performancekunst, Theaterpraktiken, politisch-ökonomischen und psychoanalytischen Diskurse, Geschlechter- und Identitätsdiskussionen zeigen die intersektionalen und transdiskursiven Fähigkeit von Haaren.