Die soziale Frage als Folge der industriellen Revolution pragte auch die agrarpolitische Diskussion in der 2. Halfte des 19. Jahrhunderts. Als Beitrag zur Linderung der landwirtschaftlichen Notlage wurde die Reform des schweizerischen Privatrechts - insbesondere des Grundpfand- und Erbrechts - im Rahmen der Vereinheitlichung auf Bundesebene betrachtet. Der Schweizerische Bauernverband nahm massgeblichen Einfluss auf die Gesetzgebungsarbeiten. Verschiedene Institute des einheitlichen Rechts berucksichtigten zwar die besonderen bauerlichen Bedurfnisse, konnten sich aber nach 1912 praktisch nicht durchsetzen, weil die freiheitlich-individualistischen Axiome der Kodifikation in der Rechtsanwendung Vorrang genossen und die Konzessionen zugunsten der Bauern zur Wirkungslosigkeit verurteilten. Mit dem ZGB von 1907 und dem revidierten OR von 1911 wurde kein besonders soziales oder gar bauernfreundliches Privatrecht geschaffen. Das bauerliche Bodenrecht erfullte aber willkommene ideologische Dienste, indem die Bauern fur die Rechtsvereinheitlichung gewonnen werden konnten."