Bei der bislang unveröffentlichten Sammlung von südslavischen Erzählungen in deutscher Übersetzung aus dem Nachlass des jüdisch-kroatischen Volkskundlers, Literaten und Sexualforschers Friedrich Salomo Krauss (1859-1938) handelt es sich z. T. um authentisches Material, das Krauss während seiner Forschungsreise 1884-85 in Bosnien, der Herzegowina und Dalmatien aufgenommen hat, z. T. um Übersetzungen aus südslavischen Folklore-Zeitschriften und Erzählsammlungen vor und um die Jahrhundertwende; die literarisch getönten Übersetzungen und die teilweise ausführlichen Kommentare von Krauss sind ein Kultur- und Zeitdokument der Wiener Geistesgeschichte in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Darüber hinaus dokumentiert diese Sammlung die unterschiedlichen ideologischen Voraussetzungen für die Anfangsstadien der Entwicklung der österreichischen Volkskunde, die von Anfang an international ausgerichtet war, in besonderer Beziehung zu den Völkern Südosteuropas gestanden hat und Querverbindungen zu anderen Wissenschaftszweigen wie Ethnologie und Anthropologie, Psychologie und Rechtswissenschaft pflegte.