"Da Mathematiker stets in denselben Bahnen zu denken pflegen, haben sie das freie Feld der Gedan- ken in eine Art Gleissystem gezwiingt und sind so versucht, querlaufende Spekulationen zu vernach- liissigen. " (fames Clerk Maxwell im Jahre 1873 zu Herbert Spencer; vgl. Duncan 1908: 162) Es wird wohl niemand bestreiten, dass die Entwicklung der modernen Wissenschaft ein wesentliches Moment der neueren Geschichte der Zivi- lisation bildet; die Wechselbeziehung zwischen den wissenschaftlichen Theorien und der Gesamtkultur wird jedoch nur selten genauer analy- siert. Die Faszination vieler technischer Errungenschaften hat in Ver- bindung mit der Schwerverstandlichkeit der wissenschaftlichen Aus- drucksform die Tatsache verschleiert, dass Wissenschaftler viele der in Philosophie, Literatur und Kunst massgeblichen Ideen aufgegriffen haben oder zumindest davon beeinflusst wurden. Deshalb wollen wir hier einige Ideen, die in der theoretischen Physik des neunzehnten Jahrhunderts eine wichtige Rolle spielten, untersuchen und sehen, in welcher Beziehung sie zu Stroemungen auf anderen Gebieten der Wissen- schaft und der Kultur stehen. Die in Wissenschaft und Kultur auftretenden Ideen koennen auf verschie- dene Weise miteinander verknupft sein. Es kommt vor, dass eine Idee aus dem Bereich der Kultur in den der Wissenschaft uberwechselt, wo sie bestimmte Theorierichtungen zu stimulieren, neue Experimente nahzulegen und zu neuen Entdeckungen zu fuhren vermag. Eben dies geschah mit dem aus der Romantik stammenden Gedanken der Einheit aller Naturkrafte.