Dem Europarat mangelt es weder an Tradition noch an Mitgliedern. Die 1949 gegründete und somit bald 60-jährige Straßburger Organisation ist die älteste politische Regierungs- ganisation Europas. Zugleich hat sich der Europarat seit dem Ende des Ost-West-Konflikts ‚paneuropäisiert’. Im Jahr 1989 gehörten dem Europarat 23 Staaten an, vornehmlich aus Westeuropa. Heute umfasst die Organisation 47 Staaten aus ganz Europa. Was dem Eu- parat hingegen fehlt, ist ein breites Bewusstsein unter den europäischen Bürgern für seine Aktivitäten – und mitunter für seine Existenz als solche. Die Vertiefung des europäischen Integrationsprozesses wird mit der Entwicklung der seit Anfang der 1990er Jahre the- tisch wie auch geografisch immer weiter ausgreifenden Europäischen Union (EU) gleich- setzt. Der Europarat gerät zunehmend in den Schatten der EU. ‚Namensverwirrungen’ z- schen Europarat, Europäischem Rat und Rat der Europäischen Union tun ihr Übriges. Die Zurücksetzung des Europarats spiegelt sich in der weitgehend ausbleibenden wis- 1 senschaftlichen Befassung mit der Organisation wider. Das gilt gerade für die Politikw- senschaft. Während das Schrifttum zur EU kaum noch zu überschauen ist, findet der Eu- parat nur wenig Beachtung. Im juristischen Schrifttum ist das Bild positiver. Dort gibt es eine intensive Auseinandersetzung mit dem Europarat. Diese ist jedoch in weiten Teilen einseitig, und zwar durch die Fokussierung auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Leitfragen Dieser Band stellt sich zur Aufgabe, die im (politik-)wissenschaftlichen Schrifttum vorh- dene Lücke anzugehen.