Die Nation als Max Webers letzter Wert: genügt diese Erklärung, um das - scheinbare? - Paradoxon aufzulösen, dass der scharfsinnigste deutsche Sozialwissenschaftler seiner Zeit 1914 ganz offensichtlich die Kriegsbegeisterung zahlloser Akademiker und Intellektueller teilte, noch Ende 1918 den Krieg rechtfertigte und erklärte, zur Wiederaufrichtung Deutschlands würde er sich auch mit dem leibhaftigen Teufel verbünden? Auf der Grundlage seiner Kriegspublizistik, seiner Reden, sowie der privaten und beruflichen Korrespondenz beleuchtet Hinnerk Bruhns Webers Einstellung zum Krieg, sein Bild der deutschen Geschichte und seine Auffassung von Tod, Ehre, Macht und Schicksal. Im Zentrum der Darstellung stehen die Ideen Max Webers für den Frieden, ausgehend von seiner ersten großen Kriegsrede am 1. August 1916, bis hin zu seiner Beteiligung als Experte in der deutschen Delegation bei der Pariser Friedenskonferenz. In den innerpolitischen Auseinandersetzungen stellte Weber den "Ideen von 1914", jenen viel studierten rückwärtsgewandten Zukunftsentwürfen der Mehrheit der national gesinnten Intellektuellen, seine eigenen - bisher kaum beachteten - "Ideen von 1918" gegenüber, als Grundlage für eine friedliche Entwicklung des deutschen Nationalstaats. Die Analyse der wissenschaftlichen Arbeiten Webers in den Kriegsjahren, im weiteren Kontext der sozialwissenschaftlichen Kriegsproduktion in Deutschland, zumal in der von ihm mit herausgegebenen Zeitschrift Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, lässt darüber hinaus die Frage nach einer Soziologie des Krieges und nach Webers Verhältnis zur Nation in neuem Licht erscheinen.