Die Bundesstaatlichkeit birgt in ihrer variablen Gewichtung föderaler und unitarischer Momente ein Wandlungspotential wie kaum ein anderes staatsstrukturelles Prinzip. Die Frage, wie viel Einheit auch der Bundesstaat verlangt bzw. wie viel Vielfalt er gebietet, stellt sich zum einen im Verhältnis zwischen Bund und Ländern, zum anderen aber auch und gerade im Hinblick auf den in eine Bundes- und Landeszugehörigkeit 'geteilten' Bürger. Ausgehend von einer kritischen Bestandsaufnahme der unitarischen Grundströmung der herrschenden Grundrechtsdogmatik untersucht Sigrid Boysen nicht nur die Konstruktion des allgemeinen Gleichheitssatzes in einem bundesstaatlichen Gefüge, das als Ausfluß seiner kompetenziellen Struktur unterschiedliche Rechtsgestaltungen erzeugt. Im Mittelpunkt ihrer Untersuchung steht vielmehr das spannungsreiche Verhältnis von grundrechtlichen Freiheitsgarantien, Teilhaberechten und Schutzpflichten einerseits und bundesstaatlich präfigurierter Divergenz in der Behandlung vergleichbarer Sachverhalte zwischen den einzelnen Bundesländern andererseits. Mit dem Anspruch, produktiv auf die Debatte über die Zukunft des Föderalismus einzuwirken, liefert die Autorin damit eine kritische Bestandsaufnahme der bundesstaatsrechtlichen Dimension der Grundrechtsdogmatik und bietet namentlich jenen Kräften Orientierung und Argumente, die die Gliedstaatlichkeit der Länder über die bisherigen Reformbemühungen hinaus stärken wollen.