Was den Erzengel Michael dazu bewegt, ausgerechnet den Genfer Literaturprofessor Gustave Termi als Streiter für das Gute zu rekrutieren, weiß man nicht so genau. Der ist nämlich weder Held noch Heiliger und versucht der Sache erst einmal mit dem Gang zum Therapeuten beizukommen. Auf diese Weise wird er die Erscheinungen des Erzengels zwar nicht los, dafür lernt er im Wartezimmer die Journalistin Martine Jeanrenaud kennen und verliebt sich in sie. Auch da scheint die Vorsehung ihre Hand im Spiel zu haben: Das frisch erschienene Werk der Angebeteten - als Bonusbuch vollständig im Roman enthalten - beschreibt die schicksalsträchtige Lebensgeschichte einer österreichischen Mystikerin, die nicht nur stetigen himmlischen Besuch hatte, sondern auch noch einen hartnäckigen Verehrer namens A. Hitler.
Bei soviel göttlicher Fügung bekommt Gustave Termi allmählich kalte Füße, die Aussicht auf eine feste Beziehung ist für den eingefleischten Junggesellen mehr als furchteinflössend. Am liebsten möchte er in sein altes behagliches Leben zurück. Aber die Liebe ist eine Himmelsmacht, und der Erzengel Michael hat auch noch ein Wörtchen mitzureden.
Ich erkannte ihn sofort. Es war eindeutig derselbe Typ, den Papst Gregor der Große auf der Engelsburg gesehen hatte: sein Schwert, welches er hochhielt und dann langsam in die Scheide steckte; sein strahlend blauer Schild; sein Heiligenschein, diskret aber grell, wie das Deckenlicht in einem Mercedes; und filmisch gutes Aussehen, wie ein kalifornischer Rettungsschwimmer. Er lächelte verbindlich. Die Flügel sprachen ebenfalls ziemlich für sich. Er faltete sie ordentlich zusammen. Er war förmlich und einigermaßen höflich; ich auch. Der Dialog nahm annähernd folgenden Verlauf:
»Guten Abend Gustave Termi. Fürchte Dich nicht.« Seine Stimme war wohltönend, aber mechanisch, mit einer Andeutung des Roboterhaften; seine Rede akzentfrei, als hätte er die Sprache mit Linguaphone-Kassetten gelernt.
»Ah, guten Abend. Ich fürchte mich nicht.«