Wenn alte Menschen erzahlend Ruckschau halten, koennen sie ihr Leben vergegenwartigen, ordnen, neu bewerten und bilanzieren. Dass dies klarende und heilsame Wirkungen hat, zeigt sich in der Alterspsychotherapie.
Die Darstellung des eigenen Lebens ist keine lineare Chronik, kein Revue passieren lassen, kein Monolog vor einem schweigenden Zuhoerer, sondern wird zwischen Erzahler und Zuhoerer gemeinsam gestaltet und bewertet. Wie dies vor sich geht, zeigt diese Einzelfallstudie. Zwei Frauen erzahlen in zweistundigen narrativen Interviews uber Gluck und Ungluck in ihrem Leben. Sie stellen dar, was und wer ihnen in guten und schweren Zeiten Zuversicht gab, worauf sie setzten, auf wen sie bauten, woraus sie Mut schoepften, und wer sie ermutigte. In der Terminologie dieser Studie sind dies Formen des Kreditgebens und Kreditnehmens.
Das Untersuchungsinstrument - entwickelt aus dem psychoanalytischen Beziehungs- und Kommunikationskonzept der Kreditierung - erfasst, wie herausfordernde Lebensaufgaben erzahlend und in der Interviewsituation bewertet werden. Es beleuchtet, wie narrative Identitat hergestellt wird und bewirkt ein Konzentrat dessen, was in einem Leben wirklich zahlt.