Die hier vorgelegte Arbeit enthält drei inhaltlich zusammenhängende erkenntnistheoretische Untersuchungen über Probleme des Verstehens und Interpretierens von Rede und Text. Das Ziel der Untersuchungen besteht jeweils darin, die von unterschiedlichen Autoren vorgebrachten Behauptungen einer erfahrungsunabhängigen Geltung der Prinzipien des Verstehens und Interpretierens einer eingehenden Prüfung zu unterziehen – sei es im Zusammenhang mit der im Rahmen der Sozialen Erkenntnistheorie geführten Diskussion über den Status von menschlichen Zeugnissen, sei es in Form einer Kritik des von Karl Popper im Kontext seiner Situationslogik vertretenen Rationalitätsprinzips oder auch in der eingehenden Analyse der Argumente, die von analytischen Philosophen zugunsten einer erfahrungsunabhängigen Geltung des principle of charity vorgebracht wurden. Diese kritische Ausrichtung der Arbeit im Sinne der Zurückweisung der genannten Behauptungen hat jedoch auch eine konstruktive Dimension: Sie zeigt die Möglichkeit einer naturalistischen Hermeneutik, d.h. einer Verstehenslehre, die konsequent auf die Beanspruchung apriorischen Wissens verzichtet.