Mit Blick auf jenes Feld, das sich im 20. Jahrhundert im Rahmen von Sozio- und Psychotechniken verdichtet, widmet sich der Band Zurichtungen des Subjekts durch Politiker und Pädagogen, Psychologen und Sozialingenieure. Gegenstand sind Techniken der Beratung und Seelenführung, ist die Suche nach subjektiven Einstellungen, Verhaltens- und Reaktionsmustern mittels psychodiagnostischer Testverfahren und sozialpsychologischer Experimente; Gegenstand sind Praktiken des social engineering, die der Herstellung zuverlässiger Beobachter, der Therapie oder Resozialisierung von Individuen, der Erziehung zur Freiheit oder der Demokratisierung sozialer Gruppen dienen sollen. Dabei geht der Band der Beobachtung nach, dass Wahrheitsfindung und Berufung auf Wahrheit ebenso Subjektivierungsformen und -programme voraussetzen, bedingen und befördern, wie Subjektivierungsprozesse andererseits ohne Bezugnahme auf bestimmte Wahrheitsformen nicht denkbar sind. Es wird die Frage aufgeworfen, inwiefern die konkreten historischen Psycho- und Soziotechniken unterschiedliche Formen von Wahrheit hervorbringen, reproduzieren oder dementieren. Damit eröffnet sich eine kulturwissenschaftliche Perspektive auf Wahrheitspraktiken, aus der nicht primär die den diskursiven und experimentellen Zusammenhängen zugrunde liegenden Wahrheitstheorien, sondern vielmehr ganze Wahrheitskulturen und deren mehr oder weniger impliziten Bestandteile in den Blick treten. So versammelt der Band Beiträge zu einer Geschichte der "Regierung des Selbst und der anderen", die gleichzeitig Annäherungen an eine Praxeologie der Wahrheit darstellen.