Die Wahrnehmung und Bewaltigung krisenhafter sozialer Prozesse durch die Gewerkschaften ist von entscheidender Bedeutung nicht nur fur ihre eigene Zukunft, sondern fur die Entwicklung der Gesellschaft; ihr gilt das Interesse der vorliegenden Studie, die bei einer inneren Handlungsebene der Gewerkschaften ansetzt. Ausgehend von einer Deutung der gegenwartigen gesellschaftlichen Bruche als Krise der Vergesellschaftung durch abstrakte Arbeit fordert die in kritische Uberlegungen zum Verhaltnis von Gewerkschaften und Theorie, zum Status der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit und in die Reflexion auf den jeweiligen organisationssoziologischen Kontext eingebettete Analyse der Krisendiskurse von vier Zusammenhangen gewerkschaftlicher Bildung (DGB, IG Chemie, IG Metall, OTV) zwei deutlich unterscheidbare Ausrichtungen in der Krisenverarbeitung zutage - eine "modernistische" und eine "emanzipatorische" Orientierung. Besteht fur erstere kein Anlass zur Revision des gewerkschaftlichen Selbstverstandnisses und sozialer Zukunftsentwurfe, so verlebendigt und konkretisiert die zweite Linie der Krisenrezeption Motive der Emanzipation der Arbeit und vermittelt sie mit Handlungs- und Zielperspektiven, die auf eine nicht-kapitalistische gesellschaftliche Ordnung und Naturbeziehung, auf eine neue gewerkschaftliche Identitat weisen."