In christlicher Theologie werden alttestamentliche Gottesbilder hAufig als sehr gewalttAtig empfunden. Wenig Aufmerksamkeit fAllt dabei auf Stimmen innerhalb des Alten Testaments, die sich mit der GewalttAtigkeit Gottes reflektierend und kritisch auseinandersetzen. Dies versucht die vorliegende Studie zu tun. Sie untersucht, in welcher Weise dem Corpus der vorexilischen prophetischen Schrift Nahum in nachexilischer Zeit durch Voranstellung eines einleitenden Psalms (Nah 1,2-8) eine neue Deutung verliehen wurde. Im Mittelpunkt steht dabei die traditionsgeschichtliche Untersuchung von Nah 1,2-8. Der Nahum-Psalm erscheint als enorm anspielungsreicher Text, der viele Altere Traditionen verarbeitet. Der entfesselten GewalttAtigkeit Gottes gegen Assur bzw. Ninive im Nahum-Corpus (Nah 1,9ff) wird auf diese Weise ein Bild Gottes vorangestellt, das sich stArker an rechtlichen Vorstellungen orientiert. Gott A"bt Vergeltung und ist gerechterweise zornig, wenn er gegen seine Feinde angeht. Mit Hilfe der literaturwissenschaftlichen Methodik der IntertextualitAt werden die Ergebnisse der Exegese noch einmal vertieft. Hier wird besonders nach der Verarbeitung Alterer, geprAgter Wendungen im Nahum-Psalm gefragt. Sowohl der Beginn des Nahum-Psalms (Nah 1,2f)als auch der Schluss der prophetischen Schrift Micha (Mi 7,18-20) nehmen in Zitat und Anspielung auf die sog. "Gnadenformel" (Ex 34,6f) Bezug. Hierdurch wird die zornige Seite Gottes eng mit dem gnAdigen und vergebenden Gott verknA"pft. Der gAttlichen GewalttAtigkeit, die bei Nahum als notwendig und gerechtfertigt erscheint, wird durch die Positionierung in einem grAAeren Deutungshorizont des ZwAlfprophetenbuchs das "letzte Wort" verweigert.