11 fand ich zu den Verruhrern und Phantasten und lauschte ihnen in meiner 2 Zerrissenheit und Melancholie. Die angeblich freie Wahl, mit der das hier gezeichnete literarische "Ich" eine bestimmte Sorte jener Literatur "bevorzugt", soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Ich in seinem Verhältnis zu jenem Stoff rur seinen Imaginationshunger nicht frei, sondern gebannt ist: "wie ein Medium". Vor allem die Entsprechung zwischen den in ihm selbst ausgebildeten Verstiegenheiten und dem Bilder- oder Handlungsangebot der Schauerliteratur hält den jungen Menschen auf dieser Stufe fest, die sich erst von später aus betrachtet als eine Durchgangsstufe erweist. "Das Grauenhafte war mein Bereich". 3 Die Rede von der Phantasie als einer immer gleichbleibenden Potenz, die beson ders in der Literatur mächtig ist und ihren Verheißungen und Verruhrungen zugrunde liegt, ist natürlich eine traditionelle Betrachtungsweise. Sie soll die hier vorgelegten Untersuchungen nicht regieren, aber in dieser Einleitung muss wenigstens kurz die Macht dieser Tradition vergegenwärtigt werden. Die Schöpfungen oder auch Ausgeburten der literarischen Phantasie aus 3000 Jahren und aus einer Reihe von angesehenen Nationalliteraturen sind im heutigen literarischen Unterbewussten (wenn es das gibt) präsent und bilden einen gewaltigen Schatz oder Alb rur alle, die sich als Autoren wie als Leser mit neuen Bildungen der Phantasie beschäftigen. Von Homer bis Ariost oder Rabelais, bis Shakespeare oder Cervantes wurden die Bilder, Figuren, Konstellationen gewissermaßen akkumuliert. Sie wurden an Intensität wie an Extension bereichert und immer komplexer gemacht.