Wahrend heute die meisten Menschen keinen Gedanken daran verschwenden, dass sich unser irdischer Wohnort mit mehr als 1000 km/h um die eigene Achse dreht, reichte das Wissen um dieses standige Bewegtwerden bei den Roemern bis in den Alltag: Fur Vitruv ist das rotierende Weltall der Prototyp aller mechanischen Einrichtungen.
In die roemische Lebenswelt gelangte das Wissen uber das Raum-Zeit-Modell der griechischen Astronomie, dem Platons Erkenntniseuphorie zu religioesem Charakter verholfen hatte, durch die paideia. Allerdings war der Prozess von der Wissensgewinnung bis zur Wissensreprasentation keine Einbahnstrasse: Die Deutungsmuster griechischer Welterklarung wurden durch Texte und Artefakte nicht einfach reproduziert, sondern an veranderte Bedurfnisse angepasst. Aus tradierten und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, religioesen UEberzeugungen, politischen Notwendigkeiten und dem Wunsch nach Zurschaustellung des eigenen Kulturkapitals entstand im oeffentlichen wie im privaten Bereich ein komplexer Diskurs uber Raum und Zeit.