Aristoteles' Ethik basiert auf der These, dass sich Güter als Strebensziele begreifen lassen. Die vorliegende Arbeit soll dabei helfen, diese These besser zu verstehen. Sie untersucht die Voraussetzungen und die Konsequenzen der teleologischen Konzeption des Guten. Der Gemeinplatz von der Aristotelischen "Strebensethik" wird neu beleuchtet. Als Ausgangspunkt dient eine genaue Lektüre der ersten Kapitel der Nikomachischen Ethik. Hier wird deutlich, dass Aristoteles einer teleologischen Güterkonzeption kritischer gegenübersteht, als üblicherweise angenommen wird. Die Gleichsetzung von Gütern und Zielen bietet zwar den Zugang zur Bestimmung des Glücks; sie ist aber keine Definition des Guten. Aristoteles geht vielmehr davon aus, dass die als Ziele aufgefassten Güter in relevanter Hinsicht verschieden sind. Wie aber kann man dieser Verschiedenheit gerecht werden, ohne die Identifikation von Gütern und Zielen aufzugeben? Die Arbeit zeigt, dass sich wesentliche Bestandteile der Nikomachischen Ethik auf genau diese Frage beziehen lassen. Dazu gehören etwa das "ergon-Argument" und die Einführung des Tugendhaften als "Maßstab" des in Wahrheit Guten. Auf diese Weise wird eine Antwort auf einige Deutungsprobleme gegeben, die die Debatten um diese Schrift nachhaltig geprägt haben. Außerdem eröffnet sich eine andere Sicht auf das Projekt, das Aristoteles in seiner Ethik verfolgt.