„Kultur“, so beginnt der englische Literaturwissenschaftler und Kulturtheoretiker Terry Eagleton (2001) sein Einführungsbuch in die Kulturtheorie, ist eines der komplexesten Worte der englischen Sprache. Für die deutsche Sprache dürfte derselbe Befund gelten. Außerdem, so kann man ergänzen, gehört „Kultur“ zu den weit- hend positiv besetzten Worten. Wie sonst könnte man es sich - klären, dass sein Gebrauch inflationär, geradezu uferlos ist. Man spricht von Kulturbeuteln und Kulturhauptstädten, von Untern- menskultur und einer Diskussionskultur, meist einer, die fehlt. Von „Kultur“ spricht man im Alltag wie inzwischen auch in allen w- senschaftlichen Disziplinen. An der positiven Anmutung dieses Wortes hat selbst der Bestseller des amerikanischen Politikwiss- schaftlers Samuel Huntington nichts geändert, der im „Kampf der Kulturen“ (1996) die Weltpolitik der Gegenwart und Zukunft - stimmt sah. Das Wort geht einem offenbar sehr leicht von den Lippen, obwohl dahinter durchaus ernste Sachverhalte stehen können: „Kultur“, so Eagleton (a.a.O., S. 182), „ist nämlich entschieden das, wofür wir leben: Liebe, Beziehungen, Erinnerung, Verwan- schaft, Heimat, Gemeinschaft, emotionale Erfüllung, geistiges Vergnügen, das Gefühl einer inneren Sinnhaftigkeit“. Wenn etwas derart existentiell und umfassend berührt, dann wundert es nicht, wenn man dafür auch Kriege führen kann. „Kultur“ bezieht sich offensichtlich auf etwas, das eine große Rolle im Leben spielt und einen Machtfaktor darstellt.