Nach dem Fall der Mauer und der "Wende" in der DDR setzte in ganz Deutschland eine intensive öffentliche Debatte um die Verfassung des geeinten Deutschland ein. In dieser Debatte, die ihre Fortsetzung in der Gemeinsamen Verfassungskommission von Deutschem Bundestag und Bundesrat (GVK) fand, traten unterschiedliche Auffassungen von der Funktion und Leistungskraft einer Verfassung zutage. Der Autor zeigt auf, dass diese Auffassungsunterschiede die gesamte Diskussion unterschwellig prägten und sich zu verschiedenen verfassungstheoretischen Konzepten verdichten lassen, die auch in der GVK ihren Niederschlag fanden. Die Kommission war indessen nicht in der Lage, die entscheidenden Fragen abschließend zu klären, weil ihre politischen Kommunikations- und Verhandlungsmuster ein Vordringen bis zum verfassungstheoretischen Kern der Verfassungsdebatte verhinderten.